Tierschutzverordnung

Tierschutzverordnung

Die neue Tierschutzverordnung (TschV) – Vorgaben und Konsequenzen. Am 1. September 2008 werden die neue, revidierte und vollständig überarbeitete Tierschutzverordnung (TschV) und die darauf basierenden Ausführungsbestimmungen (Verordnung EVD über Ausbildungen in der Tierhaltung und im Umgang mit Tieren) in Kraft treten. Für alle Haus- und Nutztierhalter, -züchter, -betreuer und -Ausbildende wird darin sehr viel, zum Teil auch sehr detailliert, geregelt sein. Nachfolgend sind die wichtigsten Neuerungen für alle, die in irgendeiner Weise, mehr oder weniger regelmässig, mit Hunden „zu tun haben“, kurz zusammengefasst, dargestellt. Es gilt zu beachten, dass sich die in der jetzigen Version der Ausführungsbestimmungen genannten Spezifikationen bis am 11. Juni noch in der Vernehmlassung befinden und folglich noch gewissen Änderungen und Ergänzungen unterliegen.

Hundezüchter in der Aus- und Fortbildungspflicht

Wer gewerbsmässig Hunde züchtet, hält, betreut, verkauft oder mit Hunden handelt, untersteht neu einer fachspezifischen, berufs-unabhängigen Ausbildungs-Pflicht, einer Dokumentationspflicht (Bestandeskontrolle), einer schriftlichen Informationspflicht gegenüber dem Käufer (betreffend rechtliche Grundlagen, Bedürfnisse, Betreuung und Haltung eines Hundes) und, auch einer kantonalen Meldepflicht. Die „Gewerbsmässigkeit“ ist neu definiert und gilt selbstredend, sobald das Halten, Betreuen oder Züchten mit der Absicht verbunden ist, für sich oder für Dritte ein Einkommen oder einen Gewinn zu erzielen oder die eigenen Unkosten oder die Unkosten Dritter zu decken, auch wenn die Gegenleistung nicht in Geld abgeglichen wird. Das bedeutet, dass mehr oder weniger jeder SKG-Züchter ein im Sinne des Gesetzes gewerbsmässiger Züchter ist. Die geforderte Ausbildung, eine abgespeckte Tierpfleger-Ausbildung, (gemäss Ausführungsbestimmungen mindestens 40 Unterrichtsstunden umfassend) soll sicherstellen, dass Hundebetreuende und Hundezüchtende Hunde tiergerecht halten, für deren Gesundheit sorgen, verantwortungsbewusst züchten und gesunde Jungtiere heranziehen. Sie gliedert sich in einen Theorie- (vorläufig mindestens 20 Stunden) und einen Praxis-Teil (vorläufig mindestens 10 Stunden), wobei recht detailliert umschrieben ist, welchen Themenbereichen sie gewidmet sein soll. Die Ausbildungsstätten, wie auch die Referenten und Instruktoren müssen, genau gleich wie die Ausbildenden von Hundehaltern und die Hundehalterkurse (siehe unten), vom BVET (Bundesamt für Veterinärwesen) anerkannt sein.
Vom Ausbildungs-Obligatorium (ab 1. September 2013) ausgenommen sind lediglich Züchter, die über eine entsprechende Berufsausbildung (z.B. Hochschulabschluss in Ethologie, Zoologie, Veterinärmedizin oder Tierpfleger-Diplom) verfügen oder denen aufgrund vergleichbarer Kenntnisse und Fähigkeiten eine kantonale Bewilligung erteilt wurde. Diese haben aber mindestens einen entsprechenden Fortbildungsnachweis (4 besuchte ganztägige Fortbildungen in 4 Jahren) zu erbringen.

Zuchtreglementierung

Nicht nur für Hundezüchter, sondern ganz besonders auch für die Zuchtverantwortlichen in den Rasseklubs wichtig sind die neuen Zuchtvorschriften. So muss gemäss Tierschutzverordnung die Zuchtselektion (in einem Zuchtreglement definiert und durch eine Zuchtzulassungsprüfung überprüft) unter Berücksichtigung des Einsatzzweckes darauf ausgerichtet werden, dass Hunde mit ausgeglichenem
Charakter, guter Sozialisierbarkeit sowie geringer Aggressionsbereitschaft gegenüber Menschen und Tieren erzeugt werden. Hunde, die ein Übermass an Aggressionsverhalten oder Ängstlichkeit zeigen, müssen von der Zucht ausgeschlossen werden. Auch mit Hunden, die infolge eines art-untypischen Verhaltens nicht oder nur erheblich erschwert mit Artgenossen zusammenleben können, darf nicht gezüchtet werden. Verboten ist es auch, Hunde zu züchten, bei denen damit gerechnet werden muss, dass erblich bedingt Körperteile oder Organe für den arttypischen Gebrauch fehlen oder umgestaltet sind und dem Tier hierdurch Schmerzen, Leiden oder Schäden entstehen. Zuchtziele, die eingeschränkte Organund Sinnesfunktionen und Abweichungen vom arttypischen Verhalten zur Folge haben, sind nur dann zulässig, wenn sie ohne das Tier belastende Massnahmen bei Pflege, Haltung, Fütterung, ohne Eingriffe am Tier und ohne regelmässige medizinische Pflegemassnahmen kompensiert werden können.

Hundeschule für Neu-Hundehalter

Wer nach dem 1. September 2008 seinen ersten Hund erwerben möchte, ist verpflichtet, sich diesbezüglich vorgängig entsprechende theoretische Kenntnisse anzueignen. Der Gesetzgeber formuliert in den Ausführungsbestimmungen detailliert die Lernziele, den Inhalt und den Umfang dieses Sachkundenachweises in Hundehaltung. Im Moment ist dafür eine Minimal-Dauer von 5 Stunden vorgeschrieben.
Innerhalb des ersten Jahres nach Erwerb eines neuen Hundes müssen zudem alle Hundehalter, also auch jene, die bereits früher einmal einen oder mehrere Hunde hielten, einen Praxiskurs absolvieren. In den vorgeschriebenen Übungslektionen sollen die Grundfertigkeiten zum sicheren, artgerechten und tierschutzkonformen Erziehen und Führen eines Hundes vermittelt werden. In den entsprechenden Ausführungsbestimmun-gen werden gegenwärtig noch 10 Lektionen, die in 5 Übungseinheiten zu vermitteln sind, vorgeschlagen.
Diese Hunde-„Erziehungskurse“ sind nicht nur staatlich angeordnet, sondern unterstehen auch einer auf 5 Jahre befristeten Bewilligungs-, respektive Anerkennungspflicht. Der Gesetzgeber fordert diesbezüglich vom Anbieter ausführlich dokumentierte Unterlagen ein, die detaillierte Stundenpläne, exakt formulierte und strukturiert dargestellte Lernziele und Ausbildungsinhalte, sowie die Nachweise der Berufserfahrung und -ausbildung der eingesetzten Lehrkräfte und Instruktoren beinhalten müssen.

Da gegenwärtig noch keine anerkannten Kurse angeboten werden können, gilt für die Sachkundenachweise in Sachen Hundehaltung eine Übergangsfrist von 2 Jahren.

Ausbildung für Ausbildende

Schliesslich werden nicht nur an die Ausbildung und die Auszubildenden, sondern auch an die Ausbildenden, sowohl Einzelpersonen, wie auch Institutionen, spezielle Anforderungen gestellt. Dies soll eine einheitliche und qualitativ hoch stehende Vermittlung von Kenntnissen und Fertigkeiten gewährleisten. Insbesondere ist dadurch möglichst weitgehend für Transparenz, Qualität und Kontrolle in der Ausbildung gesorgt und dem „Wildwuchs“ unter den Kursanbietern zum Vorneherein ein Riegel geschoben. Die Messlatte für die staatliche Anerkennung von Ausbildungsinstitutionen und Ausbildenden wurde hoch angesetzt.

Der Bund anerkennt Ausbildungsstätten für Ausbildende nämlich nur dann, wenn es sich entweder um öffentlich-rechtliche, um von einer kantonalen Fachstelle beauftragte oder durch eine externe Qualifizierungsstätte akkreditierte Institutionen handelt.
Alle Hundehalter-Ausbildenden, auch solche, die innerhalb einer autorisierten Organisation tätig sind, müssen über eine entsprechende praktische und theoretische fachspezifische berufsunabhängige Ausbildung verfügen und diese mit einer theoretischen und praktischen Prüfung erfolgreich abschliessen. Zudem müssen sie den Nachweis erbringen, dass sie mindestens drei Jahre Erfahrung im Umgang mit Hunden haben, über didaktisches und rechtliches Grundwissen verfügen und auch die Grundlagen der Erwachsenenbildung und der Kursorganisation kennen.
Zurzeit arbeitet der Bund noch intensiv an der detaillierten Ausarbeitung der Ausführungsbestimmungen über die Ausbildung, die Ausbilder und die Ausbildungsinstitutionen. Auch Chargierte der SKG in Sachen Aus- und Fortbildung können sich bis spätestens 11. Juni schriftlich zu den Vorschlägen des EVD äussern.

Umgang mit und Ausbildung von Hunden

In Art. 73, Absatz 1 bis 3, ist der Umgang mit Hunden geregelt. Besonders erwähnenswert ist, dass neu Aufzucht und Erziehung der Hunde sowie der Umgang mit ihnen die Sozialisierung gegenüber Artgenossen und Menschen sowie die Gewöhnung an die Umwelt einschliessen müssen. Nicht nur Strafschüsse, Stachelhalsbänder, elektrisierende Geräte, Geräte, die für den Hund sehr unangenehme akustische Signale aussenden oder mittels chemischer Stoffe wirken, übermässige Härte oder das Schlagen mit harten Gegenständen sind verboten, sondern ebenso müssen Verhaltenskorrektur-massnahmen der Situation angepasst erfolgen. Hilfsmittel, die zur Verhinderung von Bissen um den Fang des Hundes platziert sind (Maulkörbe, Muzzles), müssen anatomisch richtig geformt sein und ausreichendes Hecheln erlauben.

Der Gesetzgeber verlangt neu von Hundehaltenden und Hundeausbildenden auch, dass sie Vorkehrungen treffen, damit die von ihnen betreuten Hunde weder Menschen noch Tiere gefährden.
Es ist verboten, lebende Tiere für die Abrichtung und Schärfeprüfung von Hunden zu verwenden, ausgenommen das Abrichten und Prüfen von Bodenhunden am Kunstbau (Art. 75, Absatz 1 bis 3, Ausbildung von Jagdhunden) sowie die Ausbildung von Herdeschutz- und Treibhunden.
Erlaubt ist grundsätzlich die Ausbildung von Hunden im sportlichen Schutzdienstbereich. Allerdings dürfen diese Ausbildung nur vom BVET anerkannte Organisationen anbieten. Diese Institutionen müssen den Nachweis erbringen, dass nur Hunde mit korrekter Grundausbildung zur Schutzdienstausbildung zugelassen werden und dass die Hundeführerinnen und Hundeführer über einen einwandfreien Leumund verfügen. Auch darf die Ausbildung nur unter Aufsicht und im Beisein von ausgebildeten Helferinnen und Helfern erfolgen. Das Ausbildungs- und Prüfungsreglement ist vom BVET zu genehmigen.
Auch die professionelle Betreuung von Hunden wird reglementiert.

Alle Betreiberinnen und Betreiber von Hundepensionen oder Hunde-Tierheimen undall jene Personen, die gewerbsmässig Tierbetreuungsdienste anbieten (z.B. Hunde-Sitter) unterstehen per 1. September 2008 einer kantonalen Meldepflicht. Ein entsprechendes Formular wird den Kantonen und damit auch den professionellen Hundebetreuenden rechtzeitig vom Bund zur Verfügung gestellt werden. Die Verantwortlichen in Tierheimen und Tierpensionen müssen über mindestens eine berufsunabhängige fachspezifische Ausbildung verfügen (vgl. gewerbsmässige Züchter). In grösseren Tierheimen oder in gewerbsmässigen Tierbetreuungsinstitutionen, in den mehrere oder sehr unterschiedliche Tierarten gehalten werden, müssen die Tiere unter der Verantwortung einer Tierpflegerin oder eines Tierpflegers (Berufsausbildung BBT, eidg. Fähigkeitsausweise, Fortbildungspflicht) betreut werden. Hundesitter, Hundewalker und dergleichen müssen mindestens die für die Haltung von Hunden verlangte Ausbildung (=Hundehalter-Sachkunde- und Erziehungskurs- Nachweis) absolvieren.

Bern, 19. Mai 2008
erstellt im Auftrag von: Verena Ammann, Mitglied Zentralvorstand SKG
Dr. med. vet. Christina Sigrist
Fachstelle Ausbildung SKG